Schwermut
Als ich meinen Schulabschluss machte, wollte ich die Welt verändern. Ich wollte in die Politik gehen und die Gesellschaft, ihre Strukturen, Gesetze, Institutionen aktiv mit gestalten, verändern und verbessern. Ich wollte als Informatiker, als Ingenieur, als Erfinder neue Technologien entwickeln, die das Leben verbessern. Raumschiffe, Künstliche Intelligenz, Nahrungsreplikatoren. Ich war ein Star Trek Jünger, der diese utopische Zukunft erleben wollte, sie mit herbeiführen wollte, auf allen dafür notwendigen Gebieten: Als Techniker und als Politiker.
„Captain Jean-Luc Picard: The economics of the future are somewhat different. You see, money doesn’t exist in the 24th century. […] The acquisition of wealth is no longer the driving force in our lives. We work to better ourselves and the rest of humanity.“
https://www.imdb.com/title/tt0117731/quotes/
Und was ist nun daraus geworden?
Wir sind dem Science-Fiction-Paradies nicht näher gekommen. Geschenkt! Das brauche ich niemanden sagen. Keine Zukunft des Friedens, des allgemeinen Wohlstands und des Strebens nach der Verbesserung von uns selbst und der Menschheit.
Und was ist nun aus mir geworden?
Habe ich mich denn in die Politik gestürzt? In Gremien und Ausschüsse? In Debatten und Diskussionen? In Wahlkämpfe und Demos?
Habe ich mich denn neuesten Technologien gewidmet? Bin ich in die Forschung gegangen? Auf Konferenzen und ins Labor? Habe ich Neues entdeckt? Habe ich Neues gewagt?
Habe ich denn daran gearbeitet, mich selbst zu verbessern „and the rest of humanity“?
Ist das Leben, was ich jetzt führe, das, was ich führen wollte? Ist es das, was ich weiterhin führen möchte? Wäre ich bereit, das bisher erreichte zu opfern, um eine neue Richtung einzuschlagen? Was wäre ich bereit zu opfern? Die Gesundheit? Beziehungen? Materielles?
Aber reicht es nicht vielleicht ein gutes Leben zu führen; ein winziges unbedeutendes Rädchen im Getriebe zu sein? Man fällt nicht auf, aber eben auch nicht negativ. Man bringt die Maschine nicht zum stottern, sondern hält sie mit Millionen anderen am Laufen; und unterstützt damit die Großen, ihre großen Dinge zu tun. Unauffällig und nett und langweilig.
Und unzufrieden.
Na gut, genug gegrübelt! Dafür ist dieser Filmblog auch nicht der richtige Ort. Ich soll mir ja eigentlich noch den Film „The Banshees of Inisherin“ anschauen und darüber schreiben.
Also mal schauen…
Ja, der Film hat mir gefallen. Er hat mich – glaube ich – auch irgendwie angesprochen.
Ich glaube ja, dass Menschen mit Freundlichkeit, Idealen und Aufgeschlossenheit stets die Welt bereichern. Tag für Tag. Fürs Verändern, sei es auch nur im kleinen Rahmen, ist es nie zu spät. Dafür muss man auch keine Opfer bringen. Vielleicht ein bisschen Zeit und Energie.
Tatsächlich stimmt die Wahrnehmung nicht – es ist sehr Vieles besser geworden im globalen Maßstab. So hat sich die absolute Anzahl von Menschen, die in extremer Armut leben, seit 1990 um ca. 2 Drittel verringert, und dies trotz Bevölkerungswachstum: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1356924/umfrage/globale-armut-anzahl-der-armen-menschen/
Ich teile aber deine Einschätzung zur Selbstwirksamkeit. Das ist schon alles ziemlich frustrierend. Tatsächlich kann man zunächst nur versuchen, seinen eigenen Hof sauber zu halten. Für alles andere wirst du nicht umhin kommen, dich zu engagieren, egal ob im Verein oder Partei.
Alternativ kannst du auch einfach dein Gehalt steigern, um mehr zu spenden. Denkansätze dazu findest du unter dem Stichwort „effektiv spenden“: https://effektiv-spenden.org/