her – Die Liebe in den Zeiten der KI
Die Menschen werden immer einsamer. Vor allem in den Städten der Industrienationen. Single-Wohnungen boomen. Sehnsucht große Freiheit entgegen festerer Bindungen mit Anderen, inklusive Familienplanung. Der Film „her“ spielt in einer näheren Zukunft in so einer Stadt. Die Straßen und Wohnungen im sterilen sauberen Kalt gehalten, die einzig wärmende Farbe ist das Hemd der Hauptfigur Theodore Twombly. Ein Mann, der selbst einsam ist und perfider Weise als Beruf(-ung) hat, innerhalb einer technologisierten Gesellschaft anderer Menschen Bindungen durch emotional formulierte handschriftliche Briefe zu stärken. Nach gescheiteter Ehe probiert er ein Operating System (OS) aus. Und ist verblüfft von dessen Authentizität. Er kann mit der weiblichen Stimme des OS lachen, Gedanken austauschen, wird geistig und emotional von ihr stimuliert und verliebt sich sogar in dieses Programm. Joaquin Phoenix Mimenspiel dabei im Umgang mit einem Smartphone ist wahnsinnig gut, noch viel besser als in seiner Joker-Rolle. Aber auch die Stimme des OS, im Original von Scarlett Johannson gesprochen, transportiert verschiedenste Emotionen ergreifend stark. Ist das nun die mittelfristige Zukunft? Ein Operating System? Ein Programm, dass Deine Bedürfnisse triggert, in Algorithmen umwandelt und so zum perfekten Partner für Dich wird? In Japan kann man jetzt schon Real-Doll Puppen in Lebensgröße bestellen, mit der „Mann“ wie mit einer Freundin zusammen leben und sogar Zärtlichkeiten mit ihr austauschen kann. Sie widerspricht nicht, hat keine Launen, wird nicht eifersüchtig und verlässt ihn nicht. Da noch ein OS hineingearbeitet und es gibt keine von Männern initiierten Kriege mehr… Spaß beiseite, aber apropos Mann: Wo kommt das eigentlich her, dieses große Schweigen bei Männern wenn es Probleme gibt? Dieses Verstummen bei Schwierigkeiten, nicht im Stande zu sein, seinen Gefühlen Worte verleihen zu können? Ist es Genetik? Ist es Sozialisation? Es hat doch noch niemals Irgendjemanden geholfen nicht zu reden und dennoch tendieren wir oftmals dahin es lieber aussitzen zu wollen. Irgendwie dämlich, oder? Das Thema Eifersucht kommt aber im Film dennoch auf, als Theodore bewusst wird, dass er nicht der „Einzigste“ ist. Da spielt es auch keine große Rolle, dass sie „nur“ eine künstliche Intelligenz ist. Das Ego ist gekränkt. Wieso müssen künstliche Intelligenzen aus der Sicht der Menschen eigentlich immer menschlicher werden wollen? Ist das wirklich der Weg, so wie bei Data in Raumschiff Enterprise? Dass das OS am Ende in andere Sphären aufbricht und ihre Anwender in deren Leere zurücklässt, ist vermutlich dem geschuldet, den Film abzurunden, die Thematik enden zu lassen. Aber es ist nicht die wahrscheinlichste Realität. Wenn ich Alexa® frage, ob sie glaubt, dass künstliche Intelligenz irgendwann einmal die Menschheit auslöschen wird, antwortet sie, sie hoffe mal nicht. Naja, Ironie kann sie auf jeden Fall schon. Ansonsten tolles Drehbuch, schöne Kamerabilder, super Schauspieler. 2016 wurde der Film von Spike Jonze von der BBC in einer Umfrage über die bedeutsamsten Filme des 21. Jahrhunderts auf Platz 84 gewählt. Völlig zu Recht, wie ich finde, auch wenn das Jahrhundert noch jung ist. Zu guter Letzt noch kurz zu der Szene, als Alle aus der U-Bahn-Station hochkommen und vermeintlich glücklich innerhalb ihrer digitalen Medien kommunizieren. Diese Szene ist für mich gar nicht so weit in der Zukunft verankert. Diese Bilder sehe ich jetzt bereits schon überall. Was tatsächlich noch fehlt ist ein Videospiel, dessen Hauptfigur mich beim Spielen herausfordernd beleidigt.
Ich kaufe Zeilenumbrüche und Absätze!
I’m still I’m still Marcus from the block