Kritik

Everything Everywhere All at Once – Hammer!?

Holla die Waldfee! Es gab Momente in diesem cineastischen Bildertsunami, da dachte ich, wie krank ist das denn jetzt hier? Spätestens etwa als der Kung-Fu-Kämpfer den Hammer im Anus klemmen hatte. Aber O.K., von Anfang an:

Es geht nicht weniger als um die Vielzahl unbegrenzter Möglichkeiten von Multiversen in diesem Film und nicht mehr als um eine Mutter-Tochter-Beziehung, eine Coming-Out-Geschichte, um zwischenmenschliche Auseinandersetzungen. Es geht ums Verletzen, um Enttäuschungen, ums Loslassen, es geht ums Versöhnen.

Michelle Yeoh, die ich aus Star Trek Discovery bislang nur als sehr liebevoll bzw. sehr bösartige Darstellerin kenne, füllt diese Vielzahl an Emotionen der unterschiedlichsten Charaktere ihrer Figur Evelyn dabei schauspielerisch brillant aus. Auch der restliche überwiegend asiatisch geprägte Cast ist sehr überzeugend, ohne das man groß das Gefühl hat, dass mit Klischees gespielt wird oder in irgendeiner Form eine kulturelle Aneignung stattfindet.

Der Martial-Arts-Anteil in dieser sagen wir Science-Fiction-Komödie ist cool inszeniert. Kritisiere ich sonst die fehlenden Konsequenzen von Gewaltdarstellungen, wirken sie hier obgleich ihrer Brutalität irgendwie stimmiger. Vermutlich weil ihre Choreographie so auf dem Punkt ist, dass man sie innerlich nur als Fake wahrnimmt. Ähnlich wie beim Wrestling. Das kann ja nur Show sein!

Ja, die Story ist oftmals drüber. Evolutionäre Hot-Dog-Finger, was für’n Quatsch. Gummipimmel als Nunchaku (FSK16 macht da Sinn) oder der besagte Hammer-Kämpfer mit seinem unten-ohne-Kumpel. Klebeaugen als Persiflage auf Marvels Dr. Strange. Sowie ein Dachs als Ratatouille-Hommage. Ein Universum mit Piñatas, eines mit Steinen und viele weitere. Aber was will man dem Multiversum denn auch übel nehmen, wenn quasi Alles möglich ist?

Wissenschaftlich betrachtet ist die Theorie von unzähligen weiteren Versionen von einem selbst in Milliarden von Paralleluniversen für so ein kleines Gehirn wie des unseren sowieso schwierig vorstellbar und begreifbar. Was sollte denn da auch für ein Sinn dahinter stecken so viele Varianten von Möglichkeiten zu fahren?

Vom philosophischen Aspekt her werden noch viele weitere Fragen aufgeworfen. Besonders beeindruckend empfand ich dabei das pazifistische Selbstverständnis von Evelyns Ehemann. In erster Linie wirkt er wie ein Lappen, aber mit seinem deeskalierenden Wesen ist er der eigentliche Retter des Großen und Ganzen. Er backt Kekse für die Steuerprüferin, schafft Lösungen indem er durch Reden um Verständnis wirbt, fordert als Opfer zur Beendigung der Gewaltspirale auf. Von seiner Sorte sollte es heutzutage auch im echten Leben noch mehr Menschen geben!

Wie hallt der Film nun nach einigen Tagen des Sehens nach, was bleibt davon hängen? Freaky war’s durchaus, auch unterhaltsam, aber sonst eigentlich nicht viel mehr.

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